Am Ende soll der Aufstieg in die 3. Liga stehen. Teamchef Thomas Strunz hat für dieses Projekt einen Kader zusammengestellt, dessen vermeintliche Stammelf schon jetzt Hoffnung versprüht. Die rot-weisse Kaderplanung in diesem Sommer unterscheidet sich dabei vor allem in zweierlei Hinsicht von den Kicker-Ansammlungen der vergangenen Jahre: Die Schwerpunkte liegen nun auf Entwicklungsfähigkeit und Erfolgshunger der Neuzugänge. Resultat ist ein RWE-Team, dem man tatsächlich zutrauen kann, langfristig so zusammenzuspielen.
Der Umbau der Mannschaft in der Strunz-Ära ist dabei beachtlich: In den drei Transferperioden seiner Amtszeit kamen bisher 17 neue Spieler; nicht mitgezählt sind dabei diejenigen, die aus der U23 oder A-Jugend hoch in die Erste Mannschaft rückten. Oder anders gesagt: Aus dem Kader zum Zeitpunkt von Strunz´ Dienstantritt sind nur noch Kurth, Harrer und Wagner mit an Bord. Wenn ich nun also behaupte, unser Teamchef hat sich einen Kader nach seinen Vorstellungen zusammengestellt, würde mich auch nur eine Gegenstimme überraschen.
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Nun gilt es, diese Auswahl zum Erfolg zu führen. Die Aufgabe ist es, aus den für die Regionalliga guten bis sehr guten Einzelkönnern eine Mannschaft zu formen, die effektiv und möglichst auch noch schön zusammenspielen kann. Kein leichtes Unterfangen, denn in diesem Punkt sah Strunz eines der Hauptdefizite der vergangenen Saison. Er muss der Mannschaft nun – mit Hilfe seiner ausführenden Trainer Außem und Erkenbrecher – seine Handschrift verpassen, die die Tugenden beinhaltet, die er immer wieder einfordert: Leidenschaft, Erfolgshunger, Konstanz, mannschaftliche Geschlossenheit, Mut, Kampfeswille und spielerische Dominanz.
Qualitativ dürfte die vermeintliche Stammelf so etwas wie die „All Star-Auswahl“ der Regionalliga West darstellen. Strunz hat sich von Uli Hoeneß wohl die alte Bayern München-Transfertaktik abgeschaut, der Konkurrenz die besten Kicker wegzukaufen. Damit wird zum einen die eigene Kaderqualität erhöht, zum anderen die Konkurrenz erheblich geschwächt. Und endlich können mal wieder Konkurrenzsituationen auf einzelnen Positionen festgestellt werden, in der letzten Saison fehlten gleichwertige Alternativen, so dass sich die Truppe nahezu von alleine aufstellte. Nun gibt es unter den Fans endlich mal wieder Diskussionen über die Aufstellung, z.B. wer von den drei wirklich guten Innenverteidigern Herzig, Zinke und wohl auch Broniszewski wohl nur auf der Bank sitzen muss. Auch ein Neumayr wird mit Schnier im Nacken sein Potenzial hoffentlich dauerhaft abrufen.
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Diese Gegenüberstellung „vermeintlicher Stammspieler“ vs. „Herausforderer“ könnte man gleich mehrmals durchführen – und das konnte man in der Vergangenheit nun wirklich selten behaupten. Es entsteht ein verstärktes Wettbewerbsprinzip im Kader. Und das wiederum schürt den Leistungsdruck. Ob es letztlich Erfolg bringt, kann man bei nur einem Aufstiegsplatz natürlich nicht sagen – zumindest sind es aber beste Voraussetzungen dafür.
Vor allem ist die aktuelle Einkaufs-Politik eines, nämlich konsequent. Das Anforderungsprofil für jede einzelne vakante Stelle wurde von Strunz auf der JHV erstaunlich offen und direkt angegangen. So konnte jeder Außenstehende mitverfolgen, wie die einzelnen Posten abgearbeitet wurden. Und es war insofern konsequent, als dass das Anforderungsprofil bei allen eine gewisse Ähnlichkeit besaß: junge Kicker, die bereits gute Partien ablieferten, teils Führungsqualitäten in ihren alten Teams übernommen haben und nun bereit und motiviert sind für den nächsten Schritt.
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Das war nicht unbedingt so geplant, wie die Gespräche mit Cichon oder Zedi zeigen, es führt aber zu einem schlüssigen Gesamtergebnis. Auch früher war man schon konsequent, so ist es ja nicht: Damals holte man nahezu durch die Bank solche Kicker, die schon ein reiferes Alter hatten, eher auf das gemütliche Runterspielen der letzten Fußballerjahre schielten und vor allem recht teuer waren. Das kann zwar auch Erfolg bringen wie der nicht kostengünstige, aber souveräne Zweitligaaufstieg 2005/2006 zeigte, aber eben meist nur kurzfristig.
Nun aber lässt sich endlich Langfristigkeit erkennen, die möglicherweise sogar mal eine seltene Kontinuität an die Hafenstraße bringen könnte: Sieht man auf das Durchschnittsalter der externen Neuzugänge (24,14 Jahre) und deren bereits bewiesenes Talent, so lässt sich feststellen, dass wir einen Kader mit echter Zukunftsperspektive haben. Strunz hat immer betont, dass er Spieler will, die sich gemeinsam mit dem Verein nach oben entwickeln, die (wie RWE auch) Potenzial zu Höherem haben. Bei den Fans jedenfalls kommt das gut an, dort macht sich schon wieder Euphorie breit, allerdings immer mit vorsichtig-skeptischen Zusätzen, die man sich als RWE-Anhänger so langsam antrainiert hat, um bei Misserfolg nicht mehr ganz so enttäuscht zu sein.
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Um also auch einmal die Kritikpunkte am aktuellen Kader zu erwähnen: Auf der linken Seite fehlen gleichwertige Alternativen zu Bührer und Mainka, es fehlt der erfahrene Führungsspieler an dem sich die jungen Spieler „anlehnen“ können (hier muss auf Neubauer und Herzig als Ex-Kapitäne ihrer Vereine, auf Holsing als höherklassigem Neuzugang oder auf Kurth/Heinzmann als „Oldies“ auf der Bank gehofft werden). Und: Es ist anzunehmen, dass die RWE-Spieler zu den besten Akteuren der Liga gehören. Ob damit das von Vorstandschef Stefan Meutsch geforderte „gute Drittliga-Niveau“ erreicht ist, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. Klar ist, dass diese Meutsch-Aussage nicht nur eine Ankündigung für die Fans, sondern auch ein klarer Auftrag an Strunz war.
Was der RWE-Boss über die Transfer-Ergebnisse seines bekanntesten Angestellten denkt, ist bisher nicht überliefert. Was die Anhänger denken, ist aber schon mal positiv. Die Fans sind zufrieden, loben Strunz ob seiner durchdachten Kaderplanung und sind schon wieder, typisch RWE, ganz heiß auf eine Saison, nach der vielleicht endlich mal wieder gefeiert werden kann. Man setzt nicht mehr auf große Namen bei den Verpflichtungen, sondern schaut gezielt, wo Qualität fehlt und besetzt diese mit leistungsstarken und leistungswilligen Spielern. Gut möglich, dass die Abkehr von alten Transfermustern die Rückkehr zum Erfolg bedeutet. Wir alle hoffen, dass dieser Kader unser Aufstiegskader ist. Dann mal los, viel Spaß in der Vorbereitung, Jungs!